18.07.2008

Was soll ich mit meinem Traum anfangen?

Ich habe geträumt. In dem Traum hatte ich ein riesengroßes Haus mitten in einer Stadt. Rund um das Haus verlief ein Garten. Die Außenseite des Hauses war in einer melancholischen dunkelrot-braunen Farbe gestrichen, die Innenseite war voller dämmriger Zimmer, Flure und Treppen. Und vor allem: das ganze Haus war angefüllt mit Büchern & Bildern & bedeutungsvollen Objekten.

Die Stadt hatte zwar die Stimmung von Amsterdam (für Kenner: die Gegend rund um den Vondelpark), war aber weit vom Meer entfernt; und die Landschaft um die Stadt herum ähnelte eher der Puszta, so wie ich sie in Ungarn kennen gelernt habe. Und ganz eigenartig: im Garten gab es rostige Bahngleise, die gerade an der Hintertür des Hauses endeten.

Zwei mir gut bekannte Menschen besuchten mich in meinem Traum. Der eine war ein richtiger Freund – er lebt im realen Leben tatsächlich in Amsterdam, ist älter als ich und ich habe ihn in früheren Jahren als eine Art spirituellen Begleiter verstanden. Der andere war ein guter Bekannter, lebt in der Nähe von Utrecht und beschäftigt sich mit Organisationsberatung. Für beide gilt, dass ich sie sehr respektiere. Es sind beides Menschen, denen ich richtig etwas abnehme.

Mein Freund sagte zu mir: „Jelle, du sollst dein Haus leer räumen. Bald kommt ein Güterzug – er wird all deine Sachen holen und in die Welt verstreuen. Du brauchst das alles nicht mehr." Und wie das in Träumen möglich ist: sofort war der Zug in meinem Garten da und all meine Sachen wurden in den Wagen gepackt.

Als das geschehen war, änderte sich das Haus. Es verwandelte sich auf einmal in meine heutige Wohnung in Köln. (Nebenbemerkung: direkt neben meinem Garten in Köln laufen die Bahngleise zwischen Köln-West und Köln-Süd.) Mein zweiter Besucher sagte zu mir: „Jelle, die Bücher & Bilder & Objekte in deiner Wohnung werden die Lebensbücher & Lebensbilder & Lebensobjekte der Menschen sein. Deine Wohnung wird sich allmählich in den Zeitstrom der Gegenwart verwandeln. Bücher & Bilder & Objekte von gestern wird es nicht mehr geben. Du sollst dich in deinem weiteren Leben nur noch mit konkreten Fragen von konkreten Menschen beschäftigen. Alles andere sollst du lassen."

Und wie das in Träumen möglich ist: sofort waren in den Zimmern auf einmal eine Menge Leute da, die ruhig & intensiv & froh & entschlossen mit einander sprachen. Ich hatte das Gefühl, dass meine Wohnung eine Art Treffpunkt geworden war. Und ich hatte das Gefühl, in mir unendlich viel Energie & Raum & Lust für das neue Unternehmen zu spüren. Und auch hatte ich das Gefühl, die benötigten Fähigkeiten & Erkenntnisse & Erfahrungen zu haben. Mir schien meine Rolle ganz einfach zu sein: ich sollte den Menschen helfen ihre Lebensfragen zu formulieren – die Antworten würden dann einfach kommen.

Als ich aufwachte, war ich begeistert. So sollte es in meinem Leben weiter gehen! Als ich dann wieder einschlief – es war sehr früh morgens – und zwei Stunden später nochmals aufwachte, hatte meine Stimmung sich geändert. Die Traumbilder waren noch immer da, standen aber außerhalb von mir – wie die Bilder in meinem ersten Haus. Und ich dachte: was soll ich mit dem Traum anfangen? Der Traum wird sich nicht von alleine verwirklichen.

Ja, was soll ich mit dem Traum anfangen? Auch jetzt, wenn ich drei Tage später diese Sätze schreibe, spüre ich, dass der Traum wichtig ist. Profan gesagt: es ist etwas dran. Es sind vor allem zwei Aspekte, die mich beschäftigen. Erstens der Satz: „Du sollst dich in deinem weiteren Leben nur noch mit konkreten Fragen von konkreten Menschen beschäftigen." Und zweitens: „Alles andere sollst du lassen."

Welche Fragen sind gemeint?

Und was soll ich alles lassen?

In seinem Buch Politik der Freundschaft schreibt Jacques Derrida, dass Freundschaft in der Sphäre-des-Vielleichts zu Hause ist. Mit „vielleicht" meint er „perhaps" – „via Fortune, via Schicksal" (Proto-germanisch "hap" = geschehenes Schicksal: „happening")... Oder auf holländisch so wunderschön: „misschien" (etwa: etwas mag möglicherweise irgendwann wie die Sonne scheinen)... Wer aber widmet sich der Sphäre-des-Vielleichts? Was heißt es zu denken, dass es „vielleicht" die Mühe wert ist, sich um die offenen Fragen-des-Vielleichts zu kümmern?

Und was soll ich lassen? Irgendwann sagte Krishnamurti sinngemäß: „Die wichtigste Frage ist nicht, was wir tun sollen, sondern was wir besser lassen sollen".

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

nun, vor einigen wochen habe ich diesen blog gefunden und von da ab immer wieder angesehen, komentare gegeben die mir hinterher mehr als dumm und besserwisserrisch erschienen und doch habe ich die texte immer neu gelesen und in gedanken mich mit ihnen beschäftigt. warum? da ist etwas was mir mut macht zu dem was ich wirklich will. ist nicht einfach das zu schreiben, denn beim schreiben passiertes noch mehr das die worte zu fest werden und das wirkliche verloren geht.ein bißchen so wie rilke es in seinen gedichten ausdrückte:"ach, in den armen habe ich sie alle verloren" oder "ich fürchte mich vor der menschen wort.. ich so höre die dinge so gerne singen".
fragen...ja es gibt einen haufen von fragen an jelle und eine menge an antworten in seinen geschichten, also bitte noch mehr davon die fragen kommen noch, brauchen etwas zeit.
nähe und keiner spricht darüber, doch sonst wären die freunde nicht auch über ihre ferne so nah.
es gibt fragen die sind nicht gesprochen und doch da.
genug, liebe grüße an jelle,
birgit

Anonym hat gesagt…

Herzlichen Dank für diesen Traum!Und spontan beim Lesen dachte ich: "Das ist toll! Da würde ich gern mitmachen! Ich kenne einige Menschen, die echte konkrete Lebensfragen haben, aber eigentlich nicht wissen, was sie damit machen sollen. Ich gehöre auch zu diesen Menschen!

Anak hat gesagt…

beste jelle,
ik ken je niet, maar je droom maakt en visie bij mij vrij: het groote huis met en tuin eromheen: en oase, en oase van rust en stilte. je spirituelle vriend zegt: je hebt niets meer nodig. alleen maar nog je zijn. woorden, boeken, schilderijen zijn niet meer nodig.
alleen door je zelf straal je dingen uit. door je zelfrealisatie kun je mensen voorbeeld geven, advies geven, helpen. je hebt je geest naar buiten gebracht, nu komen de mensen naar jou toe om vragen te kunnen stellen, so dat ze hun eigen zelfrealisatie en stuk korter bij kunnen treden.
je vriend uit utrecht is met organisatie bezig en heeft meteen de kant van de omzet genoemd: satsang. toen je waker werd, heb je ook precies dit begrepen. maar je zelftwijfel maakt het je moijelijk.
je hebt het punt bereikt, waar woorden niet meer nodig zijn.
je hebt de kracht en energie, de vrijheid en hartstocht. en dit kun je overbrengen, gewoon door te zijn.
wat moet je laten? verder te zoeken, te denken dat je erst dit en dat moet doen, voordat je dit kunt omzetten.
misschien moet je gewoon akzepteren, dat je het kunt, de rijpheid hebt, om op die manier naar buiten te treden.
het misschien omzetten naar iets dat plaatsvind. nu.
want alleen als je de dingen bewusst in handen neemt, kunnen ze woorden.
bewusst: in gedachten en vorm voorbereiden, die zich dan kan vullen.
ach, ik vergaat de treinrails: de mensen komen vanzelf, ze woorden aangetrokken door iets in jou.
in licht en liefde
anka