14.05.2011

Eine Kraftquelle in Köln. Über den umgekehrten Blues des Herzens

Zwei Jahre habe ich mit meiner Freundin in einem Penthouse in der Altstadt von Köln gelebt, direkt am Rhein. Ich habe mich in den Gassen dort sehr wohl gefühlt, immer gab es in irgendeiner Ecke Musik aus Südamerika, Jazz oder Blues aus Amerika, Chansons aus Frankreich. Vor allem in den Nächten, wenn ich bei geöffnetem Fenster an meinem Buch „Herzwerk“ geschrieben habe, genoss ich die Geigen der Zigeuner, die mich von tief unten erreichten.

Was mich vor allem immer wieder berührte, war das Wissen, dass die ganze Altstadt, nach den verheerenden Bombardements des Zweiten Weltkrieges, von den Kölnern peinlich genau wieder aufgebaut wurde. Das heutige Viertel ist ein Scheingebilde: Kein Stein liegt an der Stelle, an der er vor dem Krieg gelegen hat, nichtsdestotrotz wirkt das Ganze mehr oder weniger authentisch. Nur wenn man gut hinschaut, sieht man, dass es sich um eine Rekonstruktion handelt.

Eine falsche Schönheit also, die gerade schön ist, weil sie so liebevoll falsch ist. Die Altstadt von Köln ist in einer Wunde wieder aufgebaut worden, und in den noch immer brennenden Narben werden Lieder gesungen, Gläser leer getrunken, Bücher geschrieben, Kinder geboren und kosmische Visionen ergriffen.

Ohne Wunde keine Kraft. In seinem Buch „Wege der Erdheilung“ beschreibt Marko Pogacnik, dass sich nach seinem Empfinden in der Altstadt von Köln das Epizentrum eines sich neu bildenden Erd-Herz-Chakras befindet. Die genaue Stelle heißt „An Farina“ und liegt dem alten Rathaus gegenüber, etwa vierhundert Meter von meiner alten Wohnung entfernt. Die Erde „öffnet“ dort ein neues Kraftzentrum, das in der Zukunft einen Strahlungsumkreis von etwa 800 Kilometern haben wird.

An Farina ist ein stiller Innenhof, unter dem sich ein Parkhaus befindet. Ich kann bestätigen, dass dort etwas los ist. Immer wieder, wenn ich dort bin, mich hinsetzte und mich in die Stille hinein begebe, kommt es mir vor, als ob ich von einer goldenen Flut aufgenommen und getragen und geführt werde. Die Flut ist gleichzeitig leicht und kräftig, vergleichbar mit dem Gelb, das über einer Frühlingswiese schwebt. Sie zwingt zu nichts, ist allerdings sehr präsent.

In der heiter-ernsten Flut erscheine ich mir als ein Mensch, der – nur wenn er das will – mit seinen kantigen Widersprüchen ganz sachte in ein rhythmisches Fließen gebracht wird. Es ist nicht so, dass meine Widersprüche dort aufgehoben würden, nein, gerade nicht, sie werden sogar eher bestätigt, allerdings in Farben gehüllt, die sanft und freundlich sind. Ein inneres sanft-weiß-gelbes Licht beleuchtet die dunklen Ecken meiner Seele, und befreit dort Tausend leise fröhlich-traurige Melodien.

Die Flut wirkt wie ein Paradox. Einerseits ist sie groß und tief und mächtig, andererseits schüchtern und fein und heiter. Und wenn Du die Frühlingsflut einmal in Dir zugelassen hast, bleibt sie bei Dir, begleitet sie Dich, wohin Du auch gehst. Du brauchst nur die Stille in Dir aufzusuchen, um sie zu finden.

Durch die Flut wird eine Wunde geheilt, oder vielleicht besser gesagt: In ihr wird ein unbewusstes Weinen befreit und in eine leichte Musik verwandelt, die sich wie ein umgekehrter Blues verhält: Die Melodien tragen die tiefen Bässe. Die Melodien sind unerschöpflich, meine Aufmerksamkeit für sie ist noch im Kommen. Jedes Mal, wenn es mir gelingt, eine Melodie wirklich zu hören, dröhnen quasi von oben die Bässe, die die Instrumente der kosmischen Mächte sind.

Ich möchte an dieser Stelle Marko Pogacnik danken, dass er mich auf das Herz von Köln aufmerksam gemacht hat. Im Nachhinein verstehe ich, warum ich damals das Leben in der Altstadt gerade brauchte, um in einer Penthouse-Wohnung mein Buch „Herzwerk“ zu schreiben. Und meinen Lesern würde ich empfehlen: Geht mal an An Farina vorbei... Und stellt euch dann nebenbei auch noch die Frage, warum gerade dort die wunderschöne Statue „Frauen von Köln“ aufgestellt wurde.

6 Kommentare:

  1. Lieber Jelle,

    ja, die Altstadt von Köln ist schön.
    Schöner als etwa die Altstadt des Lokalrivalen Düsseldorf - wenngleich Düsseldorf an diesem Wochenende der Ort eines gigantischen europaweiten musikalischen Events war.
    In der Kölner Altstadt musizierten wie selbstverständlich bereits die altbekannten Local Heroes: 'BAP', 'Bläck Fööss' und die 'Höhner'.
    Zwischen Zigeunerweisen und Drehorgelmusik (z.B. vom mittlerweile verstorbenen Mitglied des Hännesschen-Theater-Ensembles Friedemann Strauß - Gott hab ihn selig!) kann man wahrlich heimisch werden.
    Ja, und wenn man die Altstadt vom Heumarkt her erobert, so öffnen sich einem magische Plätze und Orte, so etwa auch der Platz vor den Kölner Puppenspielen, mit dem Denkmal für den großherzigen kölschen Sänger, Entertainer und Schauspieler Willi Millowitsch.
    Köln hat wirklich sehr viel zu bieten - und auch ich wohne gerne in dieser Stadt, die gleichzeitig auch meine Geburtsstadt ist.

    Herzlich,

    Michael Heinen-Anders

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  2. Anonym15.5.11

    Ich kenne Köln noch nicht aber das Geld das auf eine Frühlingswiese schwebt.


    Himmelssonne und Erdensonne

    Am morgen früh
    Wenn zwei Sonnen sich begegnen

    Die eine ist neu geboren
    die andere glänzt nur für kurze Zeit

    Ist die Sonne da oben herunter gestiegen
    oder hat die Sonne da unten seine Schwester verschluckt ?

    Die eine Sonne reist für Ewigkeiten
    Die andere dankt und wandelt weiter

    Wenn zwei Sonnen sich begegnen
    dann springt das Herz von Freude

    Josiane

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  3. Anonym15.5.11

    So wie Du schreibst, lieber Jelle, gehen für mich die Himmel auf. Immer wieder und wieder.
    DANKE!!

    C.H.

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  4. RHEINGOLD

    Köln ist die alte
    Stadt am Rhein.

    Köln ist das Herz
    des Rheinlands.

    Köln hat ein großes Herz
    aus purem Gold.

    Die drei Kronen
    im Stadtwappen
    deuten auf
    die heiligen drei Könige.

    Die drei heiligen Könige
    kamen aus aller Herren Länder.

    Begraben liegen
    die drei heiligen Könige
    in einem Schrein
    aus purem Gold
    im Dom zu Köln.

    Kölner kommen auch heute noch
    aus aller Herren Länder.

    Golden erglänzt der Rhein
    zu Köln im Sonnenlicht.

    Golden glänzt das Herz
    der Kölner.

    Hier liegt das mythische
    Rheingold
    in Wahrheit
    begraben.


    (Michael Heinen-Anders)

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  5. Anonym16.5.11

    Was ist Leben?

    Was ist Leben,
    wenn ich es nicht führe?
    Eine unendliche Reihe
    Geschehnisse.
    Einen Fluss ohne fließen.
    Ein Gießen ohne Guss.
    Es zieht vorbei,
    ohne Ende, ohne Zeit,
    ohne Tod und ohne Streit.
    Es verwischt
    alle Taten
    zu Tatlosigkeit
    und alle Sprachen
    zu Nichts-sag-ich-keit,
    ohne Kraft, ohne Saft,
    ohne Freud´ und ohne Leid.

    Bis eines Tages
    aus aller Risse
    der Zerrissenheit
    der Strom des Lebens selber,
    wie ein neuer Tag,
    aus nächtliches Gold gegoren,
    gelb schimmernd,
    aufersteht
    und das Ich im Ich
    des Daseins prägt,
    dann weiß ich,
    wieder neugeboren:
    Der Weg zu mir
    ist der Weg zu Dir.

    16. Mai 2011

    Huub

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  6. Anonym17.5.11

    Is ja bekannt: Köln isset Hääz un de Nabel vun die Welt. Jeht alle zo Fooß no Kölle,ejal wie lang es duert, Mauer drum erum, Tor avschließe, Schlüssel in dä Rhing! Dann künnt ihr euch besinge bis ehr nich mehr schwade künnt un klüngele un kejner stüührt üch, ehr Stadt-nationalen Stadt-Weltbürjer, ehr.
    Un de hillige drei Könige sind au nich freiwillich etwa zo Fooß oder mitm Päd no Kölle jekommen, nä die ham de Kölner im Mittelalter mit ehr Särch us Mailand jeklaut, do hät de Kaisar Barbarossa und dä R.v.Dassel us Kölle ehr Finger drin jehät. (Reliquien woren in dä Zick wie Aktien heutzodach)
    Ville Jrööße in de Stadt mit Hääz vun ne Minsch von dä schääl Sick!

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